Mit über 55 in Form zu bleiben, ist eine Herausforderung, egal, wo man lebt. Aber in den Tropen kommen besondere Faktoren hinzu: die Hitze, die Luftfeuchtigkeit, eine völlig andere Küche und ein Lebensstil, der sich deutlich von dem in Deutschland unterscheidet. Nach 26 Jahren in Südostasien und davon 17 Jahren in Kambodscha habe ich gelernt, was funktioniert und was nicht, wenn man auch jenseits der 55 fit und gesund bleiben will.
Die Tropen-Realität: Hitze als ständiger Begleiter
Wer denkt, dass permanenter Sommer automatisch zu mehr Aktivität führt, irrt. Die Hitze und Luftfeuchtigkeit hier in Kambodscha können brutal sein. Selbst im vermeintlich „kühleren“ Dezember liegen die Temperaturen bei 30 Grad und mehr. Auch wenn in der Trockenzeit von November bis April die Luftfeuchtigkeit geringer ist, kann für Leute, die nicht fit sind, jede Bewegung zur Qual werden.
Diesen Umstand sollte jeder bedenken, der plant, in ein tropisches Land wie Kambodscha auszuwandern. Um in den Tropen fit und gesund zu bleiben, habe ich meine Gewohnheit, Sport zu treiben, auch nach meiner Auswanderung beibehalten. Bewegung im Allgemeinen und Sport im Besonderen halten den Körper in Form und machen ihn widerstandsfähiger, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann.
Jedoch haben die klimatischen Bedingungen und das zunehmende Alter mein Training im Laufe der Jahre grundlegend verändert. Statt 6 mal die Woche bis zu 2 Stunden schwere Gewichte zu stemmen, setze ich nun auf kürzere, intensivere Trainingseinheiten. Das bedeutet, ich treibe an drei Tagen zwischen 40 und 60 Minuten Krafttraining ohne nennenswerte Pausen zwischen den Übungen und an drei Tagen fahre ich etwa 10 km mit dem Fahrrad in zügigem Tempo.
Dies auch nicht mehr, egal zu welcher Tageszeit, sondern ganz früh morgens, am späten Nachmittag oder abends, wenn es nicht mehr ganz so heiß ist. Zu anderen Zeiten ist Sport im Freien fast selbstmörderisch. Zum Beispiel mittags, wenn es am heißesten ist, zu trainieren, kann zu Hitzschlag, Dehydrierung oder Schlimmerem führen.
Calisthenics: Training ohne Schnickschnack
Bereits vor einigen Jahren habe ich mein Krafttraining mit Hanteln und Maschinen auf Calisthenics-Training umgestellt. Calisthenics ist perfekt für die Tropen und für das Älterwerden. Man braucht keine teuren Geräte, kann überall trainieren und arbeitet mit natürlichen Bewegungsmustern. Hauptsächlich sind das Klimmzüge, Liegestütze, Barrenstütze (Dips) und Kniebeugen. Das fördert den ganzen Körper und schont gleichzeitig die Gelenke. Als kleine Herausvorderung verwende ich eine Gewichtsweste.
Mit über 55 muss man anders trainieren als mit 30. Die Regeneration dauert länger, Verletzungen heilen langsamer, und der Körper verzeiht keine schlechte Technik mehr. Deshalb achte ich penibel auf saubere Ausführung, wärme mich gründlich auf und höre auf meinen Körper. Ein großer Vorteil hier: Durch die Wärme sind meine Muskeln und Gelenke immer „vorgewärmt“.
Ernährung: Der gesunde kambodschanische Vorteil
Die Ernährung ist neben Sport ein weiterer wichtiger Aspekt, um in den Tropen fit und gesund zu bleiben. Im Vergleich zu Deutschland ernähre ich mich hier deutlich gesünder, und das fast automatisch. Jeden Morgen geht meine Lebenspartnerin zum Markt in Kep und kauft frischen Fisch oder Garnelen, Gemüse, Kräuter und Obst – alles aus der Region, alles saisonal, nur ganz wenig in Dosen und nichts aus dem Kühlregal.
Fertigpizza, Mikrowellengerichte oder hochverarbeitete Lebensmittel, wie sie in westlich geprägten Supermärkten die Regale füllen, kommen bei mir nicht auf den Teller. Meine Ernährung ist proteinhaltig, fettarm und zuckerfrei. Wenn gesüßt wird, dann meist mit natürlichem Zuckerrohr oder Palmzucker, nicht mit Industriezucker. Frisches Gemüse, Salate und frische Kräuter sind fester Bestandteil fast jeder Mahlzeit. Auch Bohnen und Linsen gehören zu meinem Speiseplan, weil sie viel pflanzliches Protein enthalten. Keine Zusatzstoffe, keine Konservierungsmittel, keine Geschmacksverstärker.
Hinzu kommt, dass ich vor einigen Jahren aufgehört habe, Fleisch zu essen. Darüber, ob diese Art der Ernährung nun gesünder ist oder nicht, streiten sich die Gelehrten. Ein Fakt scheint aber zu sein, dass der Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen bzw. Herzinfarkte und Schlaganfälle begünstigen kann. Besondere Fleischprodukte wie Wurst, Schinken und Speck sollen mit einem erhöhten Risiko verbunden sein.
Mit über 55 fühle ich mich immer noch leicht und fit bei konstantem Energielevel. Bewusste Ernährung ist meiner Meinung nach die Basis für eine gute Gesundheit und das beste Anti-Aging-Programm. Wenn ich hier einige andere Ausländer sehe, die in meinem Alter sein dürften, wie sie bei jeder Bewegung schwitzen und schnaufen, weil sie übergewichtig sind, bestätigt es mir immer wieder, dass mein Weg wohl der bessere ist.
Hydration: Unterschätzte Lebenswichtigkeit
In den Tropen verliert man ständig Flüssigkeit – durch Schwitzen, durch die Hitze, durch Luftfeuchtigkeit. Dehydrierung ist eine reale Gefahr, besonders für ältere Menschen. Mein Körper braucht hier mindestens 3 bis 4 Liter Wasser täglich, beim Training noch mehr. Was ich nicht trinke ist Alkohol und das schon seit 25 Jahren.
Morgens nach dem Aufstehen trinke ich sofort ein großes Glas Wasser mit frischer Limone. Vor, während und nach dem Training nochmal mindestens einen Liter. Klingt vielleicht banal, aber viele Expats unterschätzen das – und wundern sich über Kopfschmerzen, Müdigkeit und Kreislaufprobleme.
Schlaf und Regeneration: Die unterschätzte Säule
Wenn man mit über 55 regelmäßig Sport treibt, ist auch Regeneration ein wichtiger Faktor. In den Tropen ist guter Schlaf allerdings eine Herausforderung. Die Hitze, die Luftfeuchtigkeit, die Geräusche (krähende Hähne um 4 Uhr morgens!) – all das kann den Schlaf stören.
Meine Tipps: Klimaanlage nachts einschalten oder einen großen Ventilator vors Bett stellen, Ohrstöpsel bei Bedarf und eine feste Schlafroutine. Ich gehe meist gegen 22 Uhr ins Bett und stehe gegen 6 Uhr auf. Diese 8 Stunden sind nicht verhandelbar, mein Körper braucht sie zur Regeneration.
Zusätzlich praktiziere ich täglich Meditation und Atemübungen. Das hilft nicht nur beim Einschlafen, sondern auch bei der mentalen Regeneration. Stress ist ein Fitness-Killer, besonders wenn man schon etwas älter ist.
Die mentale Komponente: Fit im Kopf bleiben
Körperliche Fitness ist nur die halbe Miete. Mit über 55 muss man auch mental fit bleiben. Das Leben in den Tropen kann träge machen. Die Hitze verlangsamt alles, die entspannte Lebensweise verführt zur Faulheit.
Ich halte meinen Geist aktiv durch Meditation, Lesen, Schreiben (wie diesen Blog) und natürlich auch durch meine Tätigkeit als Webdesigner, wo ich ständig kreativ sein und Neues dazulernen muss, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Die Kombination aus körperlichem Training, gesunder Ernährung und mentaler Aktivität hält mich fit und ich fühle mich mit über 55 genauso, wie ich mich mit 40 gefühlt habe, wenn nicht sogar besser.
Die Vorteile überwiegen
Trotz aller Herausforderungen: Ich finde, in den Tropen fit zu bleiben, ist kein Problem. Das warme Wetter motiviert mich, viel nach draußen zu gehen. Frische unbehandelte Lebensmittel sind günstig und auf dem Markt verfügbar. Die entspannte Lebensweise ohne Stress. Und die Sonne sorgt für natürliches Vitamin D, ohne Nahrungsergänzungsmittel.
Es erfordert nur etwas mehr Eigenverantwortung, Disziplin und Anpassung an die lokalen Gegebenheiten. Aber die Belohnung ist es wert: ein aktives, energiegeladenes Leben in einem der schönsten Länder Südostasiens. Man muss es ja nicht genauso machen wie ich, aber vielleicht regt mein Beitrag den einen oder anderen Leser in meinem Alter dazu an, sein Leben in den Tropen gesundheitsbewusst zu gestalten, um fit zu bleiben.