Das Pchum Ben Tempelfest, ein einzigartiges Erlebnis, wie ich vorher noch nie hatte. Einmal im Jahr, vom 27. September bis zum 11. Oktober, also 15 Tage lang, findet in allen Tempeln Kambodschas ein buddhistisches Opferfest mit dem Namen „Pchum Ben“ statt. Meine Frau, die streng gläubige Buddhistin ist, meinte alles zu kennen, was mit ihrem Glauben zu tun hat. Sie hat nicht schlecht gestaunt, als sie von „Pchum Ben“ erfahren hat, denn in Thailand scheint dieses Fest nämlich unbekannt zu sein.
In diesen 15 Tagen wird täglich um 05:00 Uhr morgens etwa für eine Stunde die Verstorbenen geehrt, indem man ihnen Opfergaben spendet. Ihr habt richtig gelesen, das Ganze geht 15 Tage lang. Ich bin kein religiöser Mensch und ich gehe normalerweise auch nicht morgens um 04:00 Uhr in den Straßen von Sihanoukville spazieren. Darum hat es genau 14 Tage gedauert bis meine Frau, unser Sohn und alle Nachbarn mich davon überzeugen konnten dieser sehr frühen Opfer-Zeremonie beizuwohnen.
Also habe ich mich um 04:00 Uhr morgens, noch nicht ganz Herr meiner Sinne, mit meiner Familie und unseren kambodschanischen Nachbarn (alle zusammen 10 Personen) auf den Fußmarsch von unserer Straße zum nächsten Tempel gemacht. Jetzt im Nachhinein kann ich sagen, dass sich der Aufwand mehr als gelohnt hat. Um 04:30 sind wir am Tempelgelände angekommen. Nach und nach füllte sich das gesamte Gelände mit opferwilligen Menschen. Schon Tage vorher haben die Frauen beieinander gesessen und Reisbälle mit Kokosnussfüllung geformt, die hier zu Opferzwecken dienen. Jeder der Tempelbesucher hatte einen gut gefüllten Korb davon bei sich, dazu Früchte, Bonbons und Bündel mit Räucherstäbchen, die im Tempel abgebrannt wurden.
Zu dieser frühen Stunde ist es hier in Kambodscha noch stockfinster. Um kurz vor 05:00 war das Tempelgelände voll mit Menschen. Außer mir habe ich nur noch einen weiteren Ausländer am Tempel gesehen, alles in allem eine tolle Atmosphäre. Pünktlich um 05:00 Uhr war es dann so weit, die Tempeltore öffneten sich und die Menschen strömten ein. Die Pchum Ben Zeremonie begann und es entstand eine unglaubliche, beinahe mystische Atmosphäre. Es war als wenn man einer heiligen, mittelalterlichen Zeremonie beiwohnte, wie in einem Film.
Der wunderschön gestaltete Tempelraum, das schlagen der großen Trommel, die Schwaden von Hunderten von Räucherstäbchen, die Gebete der Mönche und der Besucher, es war beeindruckend und ich werde es nie vergessen. Nachdem die Gebete beendet waren, strömten die Menschen wieder raus und formierten sich zu einer langen Schlange, die um das Tempelgebäude verlief. Dabei liefen die Menschen um den Tempel rum und legten die Reisbälle und Obststückchen auf den schmalen Sims, der um das gesamte Gebäude verläuft.
Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie es danach auf dem Gelände aussah, nachdem Hunderte von Menschen unzählige Reisbälle und Obststücken dort abgeladen haben. Aber in Kambodscha verkommt so schnell nichts, denn überall zwischen den Tempelbesuchern tauchten hungrige Straßenkinder auf, die sich mit den Opfergaben den Bauch vollgeschlagen haben.