Auch wenn es nun schon Jahre her ist, erinnere mich immer wieder gerne an die 9 Tage zurück, die ich in Thailand in einem kleinen buddhistischen Kloster mit den Mönchen verbracht habe. Zu dieser Zeit waren meine Frau und ich noch nicht verheiratet, unser Sohn war noch nicht geboren und wir führten auf einer Insel ein eher abenteuerliches Leben. Niemals wäre mir damals in den Sinn gekommen, dass ich mich schon bald in einem buddhistischen Kloster um zeitlich begrenzte Aufnahme als Novize bewerben würde.
So fing alles an
Ich hatte mit meiner Frau einen heftigen Streit, wie es in den ersten paar Jahren bei uns öfters Mal vorkam. Worum es dabei ging, kann ich nicht mehr sagen, wahrscheinlich waren es wieder sprachliche Missverständnisse. Meiner Frau reichte es jedenfalls, sodass sie im wahrsten Sinne des Wortes ihre sieben Sachen packte und einfach verschwand. Unser fast neues Honda Dream Motorrad nahm sie mit und ich saß plötzlich allein da mit einem Restaurant, was wir gerade erst 1 Jahr zuvor eröffnet hatten.
Das brachte mich in eine ziemlich prekäre Situation, denn sie hatte das Geschäft vollständig allein geführt. Ich bin kein Kochen, hatte keine Arbeitsgenehmigung und sowieso die Schnauze voll vom Restaurantgeschäft, sodass ich den Laden kurzerhand verkaufte. Glücklicherweise fiel mir das nicht schwer, denn ich war zu diesem Zeitpunkt durch meine Frau schon ziemlich gut mit der Inselbevölkerung vernetzt gewesen.
Was sich als bedeutend schwieriger herausstellte, war, meine Frau wiederzufinden, denn die wollte ich nicht so einfach aufgeben. Fast drei Wochen lang suchte ich die gesamte Insel ab, jedoch vergeblich. Dann endlich erhielt ich über eine Bekannte ein Lebenszeichen von ihr. Ich erfuhr, dass sie unser Motorrad verkauft hatte und sich nun in einem buddhistischen Kloster auf dem Festland befand.
Irgendwie arrangierte unsere gemeinsame Bekannte dann, dass ich mit meiner Frau persönlich am Telefon sprechen konnte. Hier zeigten sich nun meine etlichen Lehrgänge in Sachen psychologische Manipulation im Verkaufsgespräch als sehr nützlich, denn ich konnte die Wogen wieder glätten, sodass sie mir letztendlich vorschlug, ebenfalls in das Kloster zu kommen. Sie hatte sich verpflichtet, einen Monat dortzubleiben, wovon noch 10 Tage übrig waren.
Aufbruch ins Kloster, wiedersehen mit meiner Frau
Ich dachte mir, dass ein Neuanfang im Kloster vielleicht eine gute Sache sei, und machte mich gleich am nächsten Morgen mit der Fähre auf ans Festland. Dort nahm ich mir ein Taxi, mit dem es noch mal eine ganze Weile durch die Pampa ging, bis ich endlich, dass Kloster erreichte. Meine Frau und ein ganzes Rudel alter Frauen, alle in Weiß gekleidet, empfingen mich schon am Eingangstor. Alle freuten sich, dass der Ausländer endlich angekommen war.
Die Begrüßung lief dann allerdings recht förmlich ab, denn Berührungen zwischen Männern und Frauen sind, solange sie sich im Dienste Buddhas befinden, verboten. Ich wurde direkt zum Abt des Tempels geführt, um mich vorzustellen und um Aufnahme für 9 Tage zu bitten. Diese wurde gewährt, worauf gleich eine feierliche Zeremonie stattfand, um mich im Namen Buddhas willkommen zu heißen.
Vorher musste ich jedoch noch geloben, mich während dieser Zeit an die buddhistischen Umgangsformen und Ordensregeln zu halten. Diese waren zum Beispiel, ausschließlich weiße Kleidung zu tragen, am Morgen und am Nachmittag an den Gebeten im Tempel teilzunehmen, nach 11:00 Uhr keine feste Nahrung mehr zu mir zu nehmen, sich auf keinen Fall von einer Frau berühren zu lassen sowie kein Alkohol und keine Drogen zu konsumieren.
Nachdem man mir zwei weiße pijamaartige Anzüge ausgehändigt hatte, stellte sich die Frage, wo ich eigentlich schlafen sollte. Die Frauen schliefen in einer Art Schlafsaal, während die Mönche in Holzbungalows untergebracht waren. Der Frauenbereich kam für mich als Mann nicht infrage und ein Bungalow würde erst in drei Tagen frei sein, hieß es. Also brachte man mich einfach in dem großen hallenartigen Raum unter, in dem normalerweise die Verstorbenen aufgebahrt und die Totenzeremonien abgehalten werden.
Mein Klosterleben als Novize
Geschlafen wurde auf dem Boden auf einer Bastmatte, als Kopfkissen diente eine etwa 8 bis 10 cm hohe Brücke aus Holz, die ich aber aus Bequemlichkeitsgründen beiseitegelegt habe. Um 05:00 Uhr morgens war Weckzeit, dann ging es zum Duschen mit der Schöpfkelle aus der Tonne und anschließend zum Gebet in den Tempel. Die Gebetszeit dauert immer 45 Minuten, also genau so lange, wie ein Räucherstäbchen braucht, um abzubrennen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Qualen, die ich jedes Mal wegen der ungewohnten Sitzposition ausgestanden habe.
Als das Gebet beendet war, ging es zur Ersten der beiden von Buddha erlaubten täglichen Mahlzeiten. Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich bessere Thai-Küche gegessen als bei den Mönchen. Alles Gerichte, die mit viel Liebe zu Buddha von den Hausfrauen aus der gesamten Gemeinde zubereitet und in der Zeit, als wir gebeten haben, von einigen Mönchen auf ihrer täglichen Betteltour eingesammelt wurden. Erst haben wir Männer gegessen, während die Frauen in gebürtigem Abstand gewartet haben, bis auch sie dran waren.
Nach dem Frühstück war für mich immer bis 11:00 Uhr Freizeit angesagt. Die verbrachte ich mit meiner Frau, natürlich ohne Körperkontakt oder streifte auf dem Klostergelände umher und schaute den Mönchen dabei zu, wie sie in kleinen Werkstätten Motorräder und Fernseher reparierten. Dadurch, dass ich endlich meine Frau wieder hatte, wie auch durch die vollkommen entspannte Atmosphäre des Klosters und die freundliche, ruhige Ausstrahlung der Mönche, fiel schon nach kurzer Zeit jegliche Anspannung der letzten Tage von mir ab.
Um 11:00 Uhr gab es Mittagessen, die zweite und letzte Mahlzeit des Tages. Auch diese bestand wieder aus dem, was die Mönche am Morgen in der Gemeinde gesammelt hatten. Die Essensspenden waren so reichhaltig, dass mittags schon wieder unzählige neue Gerichte vor uns standen, die man morgens zurückgehalten hatte. Mittlerweile hatte sich auch in der Gemeinde herumgesprochen, dass sich in ihrem Kloster ein Ausländer aufhält, worauf die Leute begannen, auch ein paar weniger scharfe Gerichte vorzubereiten.
Nach dem Essen konnte ich mehr oder weniger wieder machen, was ich wollte, bis um 17:00 Uhr, weil dann die Zeit für das Abendgebet gekommen ist. Also wieder 45 Minuten mit zum Wai geformten Händen in schmerzhafter Position auf dem Boden sitzen und dem Sanskrit Gemurmel des Abtes lauschen. Nach dem letzten Gebet des Tages fanden sich die Mönche meist in Gruppen zusammen, um ein Schwätzchen zu halten oder durch die Gärten zu spazieren.
Natürlich war ich eine kleine Sensation in dem Kloster, denn ein Ausländer hat es dort noch nie gegeben. Jeder wollte sich mit mir unterhalten, was leider nicht so gut funktionierte, da meine Kenntnisse in der Thai-Sprache damals noch nicht ausreichend waren. Das tat der guten Stimmung aber keinen Abbruch, denn Thais sind in der Regel unkomplizierte Menschen, die aus jeder Situation versuchen das Beste zu machen. Ich habe mich unter den Mönchen, worunter sich übrigens auch ein Kambodschaner befunden hat, jedenfalls rundum wohlgefühlt.
Umzug von der Totenhalle in ein Bungalow mit nettem Nachbarn
Nach drei Tagen wurde ein Bungalow für mich frei, weil einer der Mönche zu einem Kloster in Bangkok abberufen wurde. Der Bungalow bestand aus einem kleinen leeren Raum, ohne Toilette, aber mit Strom. In jedem Fall um Längen besser als die Totenhalle. Ich war kaum eingezogen, da kam auch schon mein Nachbar an und lud mich auf einen Kaffee auf der Holzterrasse seines Bungalows ein. Ein junger Mönch, der ein Sprössling einer wohlhabenden Familie aus Bangkok war, wie ich später erfuhr.
Als ich in sein Bungalow schaute, welches baugleich mit meinem war, staunte ich nicht schlecht. Er schlief zwar offenbar auch auf dem Boden auf einer Bastmatte, aber technisch war er mit allem ausgestattet, was man sich nur denken konnte. Großer Fernseher, DVD-Spieler, Stereoanlage, Reiskocher, Kaffeemaschine und einiges mehr. Jeden Morgen gleich nach dem Aufstehen bekam ich von ihm nun einen Kaffee serviert und am Abend saßen wir mit einigen anderen Mönchen bei ihm auf der Terrasse und schauten Fernsehen.
So flossen für mich die Tage mit Gebetsstunden, essen, schlafen, Spaziergängen mit meiner Frau abhängen mit den Mönchen und mit Hunden und Katzen spielen dahin. Kaum hatte ich mich an das angenehme Klosterleben als Novize gewöhnt, da rückte für meine Frau und mich auch schon das Ende dieser schönen Zeit näher. Als unser Tag gekommen war, an dem wir gemeinsam das Kloster verlassen wollten, gab es wieder eine umfangreiche feierliche Zeremonie, damit uns auf unserem zukünftigen Weg immer Glück und Erfolg begleiten mögen.
Abschied vom Kloster und den Mönchen
Bevor wir das Kloster verließen, überreichten wir dem Abt noch eine Spende in Form eines Briefumschlages, der einen angemessenen Geldbetrag enthielt. Dann traten wir durch das Tor und die Welt hatte uns wieder. Was war das für ein schöner Moment gewesen … blauer Himmel, die Sonne schien, die leere, mit Palmen gesäumte Straße, links und rechts alles Grün. Wir beide standen da, glücklich und zufrieden, ohne jegliche Verpflichtungen, nur noch das besitzend, was wir in unseren kleinen Reisetaschen mit uns trugen.
Als wir die einsame Straße in Richtung Stadt entlangliefen, waren wir voller positiver Energie und bereit für neue Abenteuer. Diese ließen dann auch gar nicht lange auf sich warten und waren teilweise sogar weit abenteuerlicher, als uns lieb war, aber darüber berichte ich vielleicht ein anderes Mal.